Urteil ohne Ansehen der Person? Das Amtsgericht Norden verurteilte den Angeklagten im Februar 2011 wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten.
Das Amtsgericht Norden verurteilte den Angeklagten im Februar 2011 wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten.
Er soll einen Zeugen mit dem Worten „Arschloch“ und „Drecksack“ belegt haben. Der Angeklagte betritt diesen Vorwurf und legte Berufung ein. Das Landgericht Aurich glaubte dem Zeugen, weil der Angeklagte in der Vergangenheit schon mehrfach wegen Beleidigung und übler Nachrede in Erscheinung getreten war und zog auch den „heruntergekommenen Eindruck, den die Strafkammer von dem Angeklagten gewonnen hat“ als Begründung heran.
Das Oberlandesgericht Oldenburg (Beschluss vom 04.10.2011 -1 Ss 166/11) hob die Verurteilung hingegen auf. Ob der Angeklagte, der einem sozial randständigen Milieu zugehört, einen „heruntergekommenen“ Eindruck mache, sei für die Frage, ob er die Tat beging oder sie zu Recht bestreitet, irrelevant und völlig unergiebig.
Der Wahrheitsgehalt der Einlassung eines Angeklagten werde nicht von seinem äußeren Erscheinungsbild berührt. Insoweit sind Richter auch im wörtlichen Sinne verpflichtet, ohne Ansehen der Person zu urteilen.
Besser dürfte es allerdings sein, dafür Sorge zu tragen, dass ein solcher Eindruck von vornherein nicht entstehen kann. Richter sind eben auch nur Menschen.